Samstag, 5. Mai 2012

DBC, die Elbschnitte und mein "magic moment"

Ein großer Teil meines Interessensbereichs widmet sich der Literatur und die Liste meiner Lieblingsbücher lässt sich keinesfalls auf eine Top Ten beschränken. Sei es Jonathan Safran Foer's "Extremely Loud and Incredibly Close", Matt Ruff's "Ich und die anderen", Nick Flynn mit seinem Roman "Another Bullshit Night in Suck City", Wolfgang Herrndorfs "Tschick", Gabriel Garcia Marquez "Chronik eines angekündigten Todes", die Schriften der Beatgeneration, Willy Vlautin's Romane "Northline", "Motel Life" und "Lean on Pete" - ich könnte bei etlichen Büchern ins Schwärmen geraten und ohne Buch gehe ich nahezu nie aus dem Haus. Ein wahrliches Schmuckstück bekam ich im September vergangenen Jahres. Als begeisterter Leser von DBC Pierre's Debüt "Vernon God Little" zog mich seine Lesung auf Grund seines neuen Romans, dessen Titel "Lights out in Wonderland" sich direkt in mein Herz gebohrt hatte, im Literarischen Salon Hannover magisch an. 


Den Genuss, den ich bei einer Lesung eines meiner Lieblingsschriftsteller verspüre, kann man in etwa mit dem Genuss anderer vergleichen, den sie beim Besuch eines Konzerts ihrer Lieblingsband haben. Genauso wie sie auch alle Platten sammeln und versuchen immer up to date zu sein, verkrieche ich mich in Buchhandlungen. DBC Pierre hat mich keineswegs enttäuscht. Ich bin bisher wenigen Menschen begegnet, die eine so extreme charismatische Ausstrahlung und Stärke besitzen, sodass der gesamte Saal seinen Worten fast ehrfürchtig lauschte. Sei es bei seinen Romanauszügen, die er wesentlich besser vortrug (mit immer einem kleinen Lausebubengrinsen auf dem Gesicht) als der ausgebildete Schauspieler, der die deutsche Version vorlas, oder aber bei seinen Antworten auf die vielen Fragen der Besucher. Schnell kam die Diskussion auf die freien Märkte und den Kapitalismus und auch auf DBC's bisheriges Leben und seine Liebe zu Deutschland ("Maybe one day i will marry an Elbschnitte"). In der Lesungspause wollte ich mir ein Exemplar seines neuen Romans im Original (also in der englischen Sprache) am Büchertisch ergattern, da waren schon alle  vergriffen. Die nette Frau vom Verkaufsstand suchte noch überall ein Exemplar und eine mir ungewohnte Hektik (es ging schlussendlich ja nur darum, dass irgendjemand - also ich - eben noch ein Exemplar wünschte) brach unter der Belegschaft aus, die sowohl mich als auch meine Begleitung etwas irritierte. Auf einmal kam eine Dame auf mich zu und erklärte mir, dass DBC mir gerne sein Exemplar geben würde, allerdings wären kleine Notizen von ihm drin und es hätte das ein oder andere Eselsohr, aber ich solle doch nach der Lesung zu ihm kommen.


Nach der Lesung ging ich dementsprechend sehr aufgeregt vorne an den "Bühnenrand" und wartete, bis DBC sein Gespräch mit dem Übersetzer beendet hatte. Als wir uns dann kurz unterhielten, machte sich eine ungewohnte Sprachlosigkeit in mir breit, da seine charismatische Ausstrahlung in unmittelbarer Nähe so stark war, dass die Worte eher Stopptanz auf meinen Lippen spielten. Wir sprachen über Leonard Cohen, über seinen ersten Roman und am Ende gab er mir sein Buch mit der Widmung "Susie, this is definitely for you". Bis jetzt ist mir diese Begegnung so sehr im Gedächtnis geblieben, noch heute erinnere ich mich daran wie sein Blick die Menschen durchbohrte, mit denen er sprach und wieviel Aufmerksamkeit er schenkte. Ein wirklicher "magic moment", wie meine Begleitung es danach beschrieb und dieses Buch gehört definitiv zu den wertvollsten, die ich besitze. DBC, i remember, science still doesn't know why we sleep!

(Fotos: DBC Pierre bei der Lesund im Literarischen Salon Hannover am 5. September 2011 (1), seine Widmung (2) )

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